BGH-Urteil: Während der Corona-Pandemie mit Vollmacht gefasste WEG-Beschlüsse sind wirksam

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass während der Corona-Pandemie gefasste Beschlüsse einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht deshalb nichtig sind, weil die Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung nur durch Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten. Die Frage, ob sich allein daraus ein Beschlussanfechtungsgrund ergibt, blieb offen.

Die Kläger sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Deren Verwalterin lud während der Corona-Pandemie schriftlich zur Eigentümerversammlung ein, verbunden mit der Aufforderung, ihr Vollmacht und Weisungen für die Stimmabgabe zu erteilen.

Dieser Aufforderung kamen fünf von vierundzwanzig Wohnungseigentümern nach. Die Kläger erteilten keine Vollmacht. Nach der Versammlung teilte die Verwalterin mit, dass die Wohnungseigentümer in der von ihr allein durchgeführten Versammlung aufgrund der erteilten Vollmachten vertreten worden seien. Gleichzeitig übersandte sie eine Niederschrift über die gefassten Beschlüsse.

Der BGH prüfte nur die Nichtigkeitsgründe, weil die Kläger die einmonatige Klagefrist des § 45 Satz 1 WEG versäumt hatten, und kam zu dem Ergebnis, dass die Beschlüsse „nicht nichtig“ sind.

Allerdings habe die Einberufung und Durchführung der Eigentümerversammlung nicht den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes entsprochen. Denn eine Wohnungseigentümerversammlung setzt grundsätzlich eine körperliche Zusammenkunft der Wohnungseigentümer voraus.

Eine so genannte Vertreterversammlung ist nur zulässig, wenn alle Wohnungseigentümer damit einverstanden sind und den Verwalter zur Teilnahme und Stimmabgabe bevollmächtigen. Nach § 23 Abs. 4 WEG ist ein Beschluss jedoch nur dann nichtig, wenn er gegen eine gesetzliche Vorschrift verstößt, auf deren Einhaltung nicht wirksam verzichtet werden kann. Die Formvorschriften für die Einberufung und Durchführung einer Eigentümerversammlung gehören jedoch nicht dazu.

(Foto: © Jo Miletzki, BGH)

BFH-Urteil: Steuern für das Eigenheim bei Scheidung?

Wie bewertet das Finanzamt den Verkauf des Eigenheims im Falle der Ehescheidung? Das kommt auf die Situation an: Verkauft ein Partner dem anderen seinen Anteil, kann möglicherweise ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vorliegen mit teuren Folgen für den Verkäufer.

Der Bundesfinanzhof hat entschieden (BFH, 14.02.2023, IX R 11/21): Veräußert der geschiedene Ehegatte im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Ehescheidung seinen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Einfamilienhaus an den früheren Ehepartner, kann der Verkauf als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung unterfallen.

Der Betroffene hatte zusammen mit seiner früheren Ehefrau im Jahr 2008 ein Einfamilienhaus erworben und dieses zunächst mit dem gemeinsamen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann 2015 aus dem Objekt aus. Die Ehefrau blieb mit dem Kind in der Immobilie. Anschließend wurde die Ehe geschieden.

Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung im Scheidungsverfahren kam es zwischen den getrennt lebenden Ehepartnern zum Streit über die Immobilie. Nachdem die Ehefrau dem Kläger die Versteigerung angedroht hatte, veräußerte der Ehemann im Jahr 2017 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Ehefrau. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem Kind zu eigenen Wohnzwecken.

Das Finanzamt unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils der Einkommensteuer. Der BFH bestätigte diese Auffassung. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft liegt vor, wenn eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren angeschafft und wieder veräußert wird. Dies gilt auch für einen hälftigen Miteigentumsanteil, der im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Ehescheidung von einem Miteigentümer an den anderen veräußert wird.

Die Veräußerung einer Immobilie wird dann nicht besteuert, wenn die Immobilie durchgängig zwischen Anschaffung und Veräußerung oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Ein in Scheidung befindlicher Ehegatte nutzt das Immobilienobjekt aber nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken, wenn er ausgezogen ist.

(Foto: © Daniel Schwarz, csm Bundesfinanzhof)

BGH-Urteil: Beschlusszwang der Wohnungseigentümer bei baulichen Veränderungen bestätigt

Der Bundesgerichtshof, BGH, hat entschieden, dass Wohnungseigentümer nach dem neuen Wohnungseigentumsgesetz für eine in der Gemeinschaftsordnung nicht vorgesehene bauliche Veränderung notfalls einen Gestattungsbeschluss im Wege der Beschlussersetzungsklage herbeiführen müssen, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird.

Zur Sache: Die Streitenden wohnen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit zwei Doppelhaushälften. Das Doppelhaus steht auf einem im Gemeinschaftseigentum stehenden Grundstück. Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach dem Gesetz: Jedem Wohnungseigentümer steht ein Sondernutzungsrecht an dem vor der jeweiligen Haushälfte liegenden Garten zu. Für Reparaturen und Instandhaltungen sind die Eigentümer gemeinsam verantwortlich und kostenpflichtig.

Die beklagte Partei möchte gegen den Willen der anderen Partei einen Swimmingpool auf der eigenen Gartenhälfte bauen. Als der Bau begann, erhoben die Nachbarn eine Unterlassungsklage. Der Streit ging durch die Vorinstanzen und landete beim BGH – auch deshalb, weil die Klage noch unter dem alten Recht erhoben worden war.

Der BGH urteilte: Den Beklagten steht zwar ein Sondernutzungsrecht an dem hälftigen Grund-stück zu. Dieses Sondernutzungsrecht berechtigt, aber nicht zu grundlegenden Umgestaltungen, die wie der Bau eines Swimmingpools über die übliche Nutzung hinausgehen. Es ist Sache des bauwilligen Wohnungseigentümers, einen Gestattungsbeschluss gegebenenfalls im Wege der Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) herbeizuführen, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird. (UBGH, 17.03.2023,V ZR 140/22).

Das Urteil ist auch interessant im Hinblick auf Solaranlagen. Wohnungseigentümer können nach Paragraf 20 Absatz 2 WEG zwar angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Ge-brauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, dem Einbruchsschutz und dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität die-nen, nicht aber die Installation einer Balkonsolaranlage.

(Foto: © QuinceCreative, Pixabay)

BGH-Urteil: In welchen Fällen darf die WEG-Gemeinschaft Prozesse wegen Mängeln führen?

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste in einem Fall wegen Altlasten auf einem Grundstück in München auch prüfen, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer überhaupt befugt war, den Prozess zu führen. Denn während des langjährigen Prozessverlaufes änderte sich das Wohnungseigentumsgesetz.

Im Jahr 2020 erfolgte die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Unter anderem wurde die Prozessführungsbefugnis neu geregelt, also die Frage, wann die Gemeinschaft und wann einzelne Wohnungseigentümer Rechte vor Gericht durchsetzen können. Die ge-richtliche Auseinandersetzung in München wegen der Altlasten begann aber schon vor der Reform.

Nach der früheren Rechtslage durfte die Gemeinschaft die Klage eindeutig übernehmen. Nach der Reform war das nicht mehr so klar, und der BGH in Karlsruhe musste zunächst auch diese Frage klären. Das Gericht entschied (BGH, 11.11.2022, V ZR 213/21): Die Rechte von Wohnungskäufern auf die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum kön-nen auch nach der WEG-Reform von der Gemeinschaft vor Gericht durchgesetzt werden. Wenn die Eigentümer nicht individuell klagen möchten, können sie der Gemeinschaft wie nach altem Recht den Auftrag zur Klage erteilen.

Im konkreten Fall ging es um eine Anlage mit Eigentumswohnungen in München auf dem Gelände einer ehemaligen Kiesgrube. Das Immobilienunternehmen, das die Wohnungen verkauft hatte, plante ursprünglich, die Anlage um eine Tiefgarage zu ergänzen und ließ dafür den Boden des Grundstücks untersuchen. Dabei wurden von der vorherigen Nutzung zurückgebliebene Schadstoffe im Erdreich gefunden, die giftig, umweltgefährdend und krebserregend sind. In den Kaufverträgen für die Wohnungen wurde zwar darauf hingewie-sen, eine Sanierung des Erdreichs erfolgte aber nicht. Dagegen wendete sich die Klage der Gemeinschaft. Sie fordert die Anerkennung der Altlasten als Mangel bzw. deren Beseiti-gung.

In der Hauptsache hat das Gericht keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern den Fall an die Vorinstanz zurück verwiesen, weil zunächst im Sinne der Gefahrenforschung wei-tere Untersuchungen des Bodens nötig sind.

(Foto: © Succo, Pixabay)

Ein Spaziergang durch die Innenstadt macht es deutlich: Die Coronapandemie hinterlässt Spuren. Viel weniger Menschen als in Vorcoronazeiten sind unterwegs, in den Läden herrscht oft gähnende Leere und die Umsätze sind unbefriedigend. Das ist aber alles immer noch besser als ganz geschlossene Läden, wie im Frühjahr 2020.

Viele Geschäftsleute sind frustriert und verlieren ihren Optimismus. Einige müssen Geld aus Rücklagen zuschießen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, oder Mitarbeitern kündigen, um die Kosten aufzufangen. Viele verzeichnen schlechte Betriebsergebnisse. In einer ähnlichen Lage befand sich auch die Betreiberin eines Einzelhandelsgeschäfts, die ihr Geschäft für einen Monat völlig schließen musste.

Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und gesellschaftlichen Zusammenhalt erließ aufgrund des sich im März 2020 in Deutschland verbreitenden SARS-CoV-2-Virus im März 2020 Allgemeinverfügungen, aufgrund derer die Geschäftsfrau ihr Geschäft vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste. Die Mieterin zahlte für diesen Monat keine Miete und wurde in der Folge vom Landgericht zur Zahlung der Miete in Höhe von 7.854,00 Euro verurteilt. Das Oberlandesgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung mit Hinweis auf die Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags auf und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von nur 3.720,09 Euro. Das Gericht hielt eine Anpassung des Vertrags für geboten. Die Kaltmiete soll für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH, 12.1.2022, Az. XII ZR 8/21) hat jetzt entschieden: Im Fall einer Geschäftsschließung wegen staatlicher Maßnahmen kommt die Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht. Das Gericht betonte aber, dass die vorübergehende, krisenbedingte Regelung nach Art. 240 § 2 EGBG eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters zum Ziel hat und nichts zur Höhe der geschuldeten Miete aussagt. Im Einzelfall müsse geprüft werden, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung hatte.

Der Bundesgerichtshof hat der bisherigen Rechtsauffassung zu den Kosten für das Fällen eines Baumes widersprochen: Bisher konnte ein Vermieter derartige Kosten nicht über die Betriebskosten auf die Mieter umlegen. Das hat sich jetzt geändert.

Die Kosten der Gartenpflege dürfen laut Betriebskostenverordnung auf die Mieter umgelegt werden. Ob das auch das Fällen eines morschen Baumes gilt, haben die Gerichte bisher unterschiedlich beurteilt. Bisher galten die Kosten für das Fällen eines Baumes generell als nicht umlagefähig – zuallererst, weil es sich nicht um laufende Kosten handelt. Andere Begründungen für diese Auffassung lauteten: Der Vermieter erfülle mit der Fällung eines – wie im aktuellen Fall – morschen und nicht mehr standfesten Baums lediglich eine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht, oder er beseitige einen Mangel der Mietsache.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt anders entschieden (BGH, 10.11.2021, Az.: VIII ZR 107/20): Wenn ein morscher Baum gefällt werden muss, kann der Vermieter die Kosten dafür als Betriebskosten auf die Mieter umlegen.

In diesem aktuellen Fall ging es um eine 40 Jahre alte Birke, die auf dem Grundstück einer Wohnungsgenossenschaft in Niedersachsen stand. Der Baum drohte über kurz oder lang umzukippen. Um das zu verhindern, ließ die Genossenschaft den Baum fällen. Die Kosten von 2.500 Euro legte sie auf die Mieter des Objektes um. Eine Mieterin wollte ihren Anteil von 415 Euro nicht tragen.

Die Richter urteilten: Das Fällen und Beseitigen eines solchen Baums ist regelmäßig eine objektiv erforderliche Maßnahme der Gartenpflege. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Betriebskostenverordnung. Zwar sind dort Baumfällarbeiten nicht ausdrücklich genannt. Doch die Kosten der Gartenpflege sind Betriebskosten, insbesondere die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen. Eine „Erneuerung“ von Pflanzen und Gehölzen setze regelmäßig deren vorherige Entfernung voraus.

BVI News

BGH-Urteile vom 05. Dezember 2018 – VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Wärmebrücken in den Außenwänden nicht als Sachmangel einer Mietwohnung anzusehen sind, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht.

Ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert und deshalb dem Mieter ein Recht zur Mietminderung (§ 536 Abs. 1 BGB) sowie einen Anspruch auf Mangelbeseitigung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) gewährt, setzt eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand voraus. Ohne besondere Vereinbarung der Mietvertragsparteien kann der Mieter dabei nach der Verkehrsauffassung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach gefestigter Senatsrechtsprechung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 2018